Unterm Hohenzollern reifen Olympiaträume
De Carvalho, De Carvalho, De Carvalho, drei Brüder, die mit Kugel, Diskus und Speer auf der Erfolgsspur sind. Im Trikot der LG Steinlach-Zollern haben Kelmen (23), Kelson (19) und Clesio (15) De Carvalho schon ordentlich für Wirbel gesorgt. Drei Brüder in der Leichtathletik hat Seltenheitswert. „Die Jungs sind alle sehr talentiert und fokussiert auf den Wurfsport, deshalb sind sie schon so erfolgreich“ sagt Martin Grundmann, Sportlicher Leiter bei der LG Steinlach-Zollern, ehemaliger deutscher Juniorenmeister im Zehnkampf bei der TG Nürtingen (Bestleistung 7847 Punkte) in der Ära, Kratschmer, Hingsen, Wentz.
Kelmen war mit 17 bereits zweimal Deutscher U18-Meister im Zehnkampf und hat sich in der Königsdisziplin der Leichtathletik auf 7518 Punkte gesteigert. „Ich bin über eine Talentiade zur Leichtathletik gekommen und dann im Verein gefördert worden“, sagt der älteste der De Carvalho-Brüder. Als Belohnung wurde er zum Länderkampf Deutschland-USA (Thorpe-Cup) eingeladen. Mit einem Sportstipendium ist er inzwischen vielen jungen Sportler:innen ans College nach Harding (Arkansas) folgend in die USA zum Sportmanagement-Studium gewechselt.
„Die Bedingungen für Leistungssport und Studium sind in den USA ideal“, sagt Kelmen und wandelt damit auf den Spuren von Leo Neugebauer (VfB Stuttgart 1893) und Till Steinforth (SV Halle), dem Bronzemedaillengewinner bei Hallen-WM und EM. Die drei De Carvalhos haben ihr Talent in der Familie geerbt. Die Eltern stammen aus Angola und sind dann nach Portugal ausgewandert, von dort nach Deutschland gekommen. Die Mutter war sehr sportlich („Sie hat das Feuer“), die Tante Delfina Joaquim als Hürdenläuferin bei Olympischen Spielen, der Onkel Domingo Castro war als Läufer für Portrugal viermal bei Olympischen Spielen am Start.
Kein Wunder also, wenn man Clesio, Kelmen und Kelson nach ihren sportlichen Träumen befragt kommt sofort: „Wir wollen irgendwann zu Olympischen Spielen“, sagen sie unisono. Unterm Hohenzollern reifen Olympiaträume. Kelson war bereits viermal Deutscher Jugendmeister mit dem Diskus und holte bei den Europäischen Jugendspielen Bronze. Im vergangenen Jahr startete er für den DLV bei den U20-Weltmeisterschaften in Lima (Peru). Außergewöhnliche Leistungen im Ball- und Heulerwerfen in der Schule brachten ihn in den Verein. „Wenn ich gesund bleibe, ist Vieles möglich“, sagt der 19-Jährige. Sein nächstes Ziel sind die U20-Europameisterschaften in Tampere (Finnland). Er besucht die Cottaschule in Stuttgart, eine leistungssportorientierte Einrichtung, und trainiert dort bei Arthur Hoppe, einem der besten Wurftrainer Deutschlands. Dort trainiert in der Gruppe auch Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye und die deutschen Meister Eric Maihöfer und Silas Ristl. „Kelson und Clesio bringen alles mit, um später in die Weltspitze vorstoßen zu können“, sagt der Drehstoß-Experte Arthur Hoppe.
Clesio, der Jüngste, wird demnächst ebenfalls in dieses Internat wechseln. Zweimal wöchentlich fährt er zur Zeit noch mit dem Zug von Hechingen nach Stuttgart, macht allein sechs Stunden Fahrzeit für vier Stunden Training. Es ist der Unterschied zum Leben auf dem Campus in Übersee. Vor drei Wochen lieferte er bei den Halleschen Werfertagen gleich zwei „Knaller“: 18,08 Meter mit der Kugel, 69,19 Meter mit dem Diskus – deutscher Jugendrekord U16. „Ich kann mir durchaus vorstellen, wie Kelmen irgenwann zum Studium in die USA zu wechseln“, sagt der 1,90 Meter große junge Athlet. Sein nächstes großes Ziel ist die U18-EM im kommenden Jahr. Mit einer soliden Ausbildung in der Kinderleichtathletik ist er sehr vielseitig, er kann auch Hürdenlaufen.
Die De Carvalho-Brüder wissen, wem sie ihre Erfolge zu verdanken haben: Martin Grundmann, ihrem Heimtrainer. „Er bringt sehr viel Zeit für uns Athleten auf und setzt sich enorm für uns ein“, sind sie ihm dankbar. „Es braucht aber auch ein leistungsförderndes System, dass solche Talente nach oben bringt“, sagt Dieter Schneider, WLV-Präsident und langjähriger „Motor“ in der LG Steinlach-Zollern. Und er prophezeiht: „Wir werden noch viel Freude an den De Carvalho-Brüdern haben“.