Die Vielseitigkeit beim WLV Nikolauslehrgang Kinder & Entwicklung im Fokus

  07.12.2019    WLV Bildung Top-News WLV Bildung BW-Leichtathletik BW-Leichtathletik Top-News BW-Leichtathletik
Rund 130 Trainer/innen aus dem Bereich der Kinderleichtathletik nahmen am Samstag, 07. Dezember 2019 am WLV Nikolauslehrgang Kinder & Entwicklung in Schwäbisch Gmünd teil und sammelten wertvolle Tipps & Tricks für das Vereinstraining mit Kindern.

WLV Ehrenpräsident Fred Eberle eröffnete pünktlich um 9 Uhr den WLV Nikolauslehrgang Kinder & Entwicklung in der Leichtathletikhalle in Schwäbisch Gmünd, deren Tribüne mit wissbegierigen Trainer/innen prall gefüllt war. In seinem Kurzreferat zu den pädagogischen Dimensionen der Kinderleichtathletik appellierte Eberle ein vielseitiges Training zu gestalten nach dem Motto "wiederholen ohne zu wiederholen". Dieses Motto griff auch Carl-Michael Bundschuh vom Motorikzentrum St. Loretto in Schwäbisch Gmünd auf und zeigte die Bedeutung der Kernelemente "Laufen, Springen und Werfen" in der Gesamtentwicklung von Kindern und Jugendlichen auf. Die sog. "Exekutiven Funktionen" und die Wirkung von Bewegung auf Körper und Geist waren im kurzweiligen Impulsvortrag wichtige Eckpunkte.

Im Anschluss an die Vorträge wurde es bunt in der Leichtathletikhalle. Maximiliane Hegemann und Susanne Pfrommer vom WLV Lehrteam Kinderleichtathletik gestalteten mit einer Kindergruppe des LAC Essingen eine Trainingseinheit mit PET-Flaschen. Egal ob beim Sammeln von Flaschendeckeln, beim Flaschendrehen oder beim Springen über Flaschen, die U10-Kinder hatten sichtlich Spaß. Ex-Speerwerfer Patrick Hess und Rebecca Konold hatten im Anschluss Schulkinder der Klassenstufe 5 und 6 eingeladen, um auch hier mit Alltagsmaterialien eine altersgerechte Leichtathletik-Einheit zum Laufen, Springen und Werfen zu gestalten. Hierbei wurden ebenfalls Körper und Geist gefördert, beispielsweise als Sprint-Spiele anhand unterschiedlicher Zahlenkombinationen gestaltet wurden. Das Abwerfen von Zeitungen mit unterschiedlichen Wurfgegenständen bildete einen fließenden Übergang zur Podiumsdiskussion am Nachmittag, zu der Vizeeuropameister Andreas Hofmann (MTG Mannheim) und sein Trainer Lutz Klemm eingeladen waren. Die beiden Speerwurf-Experten erläuterten, dass in der Kinderleichtathletik das vielseitige Werfen und der Spaß im Vordergrund stehen müssen. Gespickt mit kleinen Anekdoten berichtete der 92 Meter Werfer Hofmann von seiner Vergangenheit als Mehrkämpfer und seinen gelegentlichen Ausflügen zum Kugelstoßen, wo er mit einer Bestleistung von 18,59 Meter bereits für Aufsehen sorgte. Sein Ziel für die anstehenden Olympischen Spiele in Tokio formulierte er mit der Aussage "Ich möchte besser als mein Vater sein - der erreichte einen 10. Platz als Bobfahrer".

Im Anschluss an die Diskussionsrunde wurden vier Gruppen gebildet und in interessanten Workshops zum Springen, Werfen, Laufen und Teambuilding praktische Spiel- und Übungsformen für das Vereinstraining durch das WLV Lehrteam Kinderleichtathletik präsentiert. Ein Highlight hierbei war die aktive Mitgestaltung von Lutz Klemm und Andreas Hofmann, die im Workshop "Wurf" die Teilnehmenden mit ihrem Wissen unterstützten.

"Wann hat man sonst die Gelegenheit mit der Nummer drei der aktuellen Speerwurf-Weltrangliste eine Trainingseinheit zu absolvieren?" so die lobenden Worte von Fred Eberle in Richtung Andreas Hofmann. Mit einem rundum gelungenen WLV Nikolauslehrgang Kinder & Entwicklung endet die große WLV Kongressreihe für das Jahr 2019. Mit einem Zuwachs von über 100 Teilnehmenden über die fünf Fortbildungskongresse hinweg, ist das neue Konzept voll und ganz in der Leichtathletik Baden-Württemberg angekommen.

Die Kongress-Saison 2020 eröffnet der <link _blank internen link im aktuellen>WLV Laufkongress am 28 März 2020 im SpOrt Stuttgart.


Hier der Bericht der Rems-Zeitung zum Nikolauslehrgang:
(mit freundlicher Genehmigung der Rems-Zeitung Schwäbisch Gmünd)

Über die Umleitung zum Ziel

Nikolauslehrgang des WLV: Vize-Europameister Andreas Hofmann und sein Trainer Lutz Klemm geben interessante Einblicke.

Auch in diesem Jahr hat Fred Eberle, Ehrenpräsident des Württembergischen Leichtathletik-Verbands, zahlreiche Teilnehmer zum Nikolauslehrgang „Kinder und Entwicklung“ in der Schwäbisch Gmünder Großsporthalle begrüßen dürfen.

Stargäste in diesem Jahr sind Speerwurf-Vizeeuropameister Andreas Hofmann und sein Trainer Lutz Klemm gewesen.

Von Timo Lämmerhirt (Rems-Zeitung)

LEICHTATHLETIK. Eberle und Rene Stauß, stellvertretender Geschäftsführer im Württembergischen Leichtathletik-Verband, moderierten das Gespräch mit Hofmann und Klemm. Diese Moderation hätte es aber fast nicht bedurft, denn Klemm und Hofmann haben durchaus überzeugende Entertainer-Qualitäten an den Tag gelegt. Nicht selten sorgten sie bei ihren zahlreichen Anekdoten für den einen oder anderen Lacher.

Interessant auch das Verhältnis zwischen Klemm und Lutz, das augenscheinlich ein sehr gutes ist, dennoch siezt Hofmann seinen Trainer. „Ich komme aus der ehemaligen DDR, da war das üblich“, sagte Klemm. „Wir verstehen uns sehr gut. Ich habe ihn anfangs immer gesiezt – und da sind wir dann irgendwie dabei geblieben“, ergänzt Hofmann schmunzelnd. Seit Ende 2006 arbeiten die beiden bereits zusammen, damals war Hofmann noch Mehrkämpfer. Ende 2007 dann hat Klemm spätestens erkannt, dass Hofmann sich vor allem im Speerwurf hervortut – und dieser musste sich entscheiden. „Ich bin zu meiner Mutter gegangen und habe ihr gesagt, dass ich nun Speerwerfer werde. Und sie hat sich nur gedacht: Jetzt muss ich den Jungen viermal die Woche nach Mannheim fahren, damit er ein Stöckchen durch die Gegend schmeißt“, erinnert sich Hofmann, selbst lachend. Dieser Gedankengang der Mutter hielt jedoch nur knapp zwei Jahre. Dann nämlich wurde Hofmann Jugend-Europameister in Novi Sad, kurz darauf noch Deutscher U-20-Meister, sein Weg war geebnet.

Eberle merkte an, dass auch eine hohe familiäre Sportaffinität den Weg für Kinder und Jugendliche in den Leistungssport ebnen kann und verwies darauf, dass Hofmanns Vater Bobfahrer gewesen ist. „Das ist dann auch unabhängig von der Sportart“, so Eberle. Vor allem aber wurde bei diesem Gespräch verdeutlicht, dass man sich nicht zu sehr auf eine Sportart fokussieren sollte. Und zur Untermalung dieser Botschaft dienten diese beiden Protagonisten ebenfalls hervorragend. 2017 wurde Hofmann bei den deutschen Hallenmeisterschaften Vierter – im Kugelstoßen. Dabei verwies er ausschließliche und ambitionierte Kugelstoßer auf die Plätze. „Lutz hatte mich Ende des Jahres 2016 gefragt, ob ich nicht mal die Kugel stoßen möchte. Dann haben wir das Training umgestellt, zweimal die Woche mit der Kugel und zweimal die Woche mit dem Speer trainiert“, so Hofmann. „Das hat schon für einige Diskussionen unter den Kugelstoßern gesorgt“, fährt er lachend fort. Klemm hat diesen Erfolg in einer anderen Disziplin schließlich genauer erklärt: „Im Kugelstoßen gibt es einige wichtige Elemente, die man auch beim Speerwurf benötigt. Für die Kugelstoßer war das damals ein Schock, dass da ein so schmaler Speerwerfer daherkommt und die Kugel so weit stößt.“ 18,59 Meter war die Weite damals. „Durch Vielseitigkeit und Vielfältigkeit beim Training, in den Disziplinen findet man häufig zum Ziel“, fährt Klemm fort, was Eberle pointiert festhielt: „Der gerade Weg ist häufig nicht immer der beste. Die Umleitung ist zwar nicht der schnellste Weg, häufig aber der bessere.“ „Im Kugelstoßen gibt es einige Elemente, die man auch beim Speerwurf benötigt.“

Lutz Klemm, DLV-Bundesstützpunkttrainer unterstrich am Ende der Gesprächsrunde noch, dass einfach Machen häufig besser sei, als zu viel Theorie. Dazu nahm er ein junges Mädchen aus dem Teilnehmerfeld des Lehrgangs und ließ sie mit einem Schuh vor die Wand werfen. Nach vier Würfen sagte er: „Sie hat einfach geworfen ohne irgendwelche Anweisungen. Und sie hat den Arm schon recht weit oben gehabt und das mit einem relativ schwierigen Wurfgerät. Da brauche ich dann doch relativ wenig Anweisungen geben und kann stattdessen wesentlich mehr Würfe machen“, so Klemm. Eine Anregung, die die Teilnehmer sicherlich auch mit in ihre Vereine nehmen werden.

Im kommenden Jahr möchte Hofmann bei den Olympischen Spielen in Tokyo teilnehmen. Derzeit gebe es fünf deutsche Athleten, die allesamt die 88 Meter werfen können, drei werden mitfliegen. „Im Juni sind noch die Deutschen Meisterschaften. Da kann man sich noch einmal profilieren. Wenn ich das mache und gesund bleibe, rechne ich mir eigentlich ganz gute Karten aus, dass ich dabei sein kann“, so Hofmann selbst. Die Motivation sei hoch, zumal er 2016 als potenzieller Nachrücker letztlich nicht dabei war.


Im Kindesalter variabel statt spezifisch trainieren

Nikolauslehrgang des WLV: Zahlreiche Referenten zeigen, wie man spielerisch Kinder für den Sport begeistern kann – Sport fungiert zudem als Stütze des Geists LEICHTATHLETIK (läm/pm). Beim traditionellen Nikolauslehrgang Kinder & Entwicklung des Württembergischen Leichtathletik-Verbands hat WLV-Ehrenpräsident Fred Eberle wieder routiniert durch den Tag geführt.

Eberle referierte zum Start selbst zum Thema „Strukturwandel der Leichtathletik – Pädagogische Bezüge: Stufen der Kinderleichtathletik“.

Konstitutionelle und konditionelle Voraussetzungen hätten bereits im Kindesalter erheblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit. Vor allem in einer breiten Ebene müssten die Kinder gefördert werden, sollten nicht zu früh spezifisch und disziplinbezogenen Trainingsreizen ausgesetzt sein.

Ansonsten würde die wertvolle weite Bewegungsförderung und die breite Grundausbildung fehlen. Vor allem dem Bewegungsdrang der Kinder sollten die Trainer gerecht werden. Bundesstützpunkttrainer Lutz Klemm, der gemeinsam mit Speerwurf-Vize-Europameister Andreas Hofmann zu Gast war, brachte es auf den Punkt: „Wenn Kinder trainieren, dann muss es laut sein. Wenn Kinder vom Training kommen und nicht schwitzen, dann ist etwas falsch gelaufen.“ Ebenfalls auf großes Interesse stieß der Vortrag von Carl-Michael Bundschuh, Leiter des Motorikzentrums St. Loreto in Schwäbisch Gmünd. In seinem Thema „Laufen, Springen, Werfen – drei Bausteine für die Gesamtentwicklung von Kindern und Jugendlichen“ sagte er, dass jegliche Form der Bewegung im Kleinkind- und Kindesalter die neurologische Entwicklung von Gehirn und Nervensystem fördere. Dazu steige die Bewegung in den Kopf. In einem Test in Kopenhagen beispielsweise wurden Kinder in drei Gruppen eingeteilt, die Mathe lernen sollten. Gruppe eins lernte mit Körpereinsatz, Gruppe zwei feinmotorisch mithilfe von Legosteinen und die Gruppe drei klassisch im Unterricht. Am Ende schnitt die erste Gruppe am besten ab.

Danach gab es eine Praxisdemonstration mit einer Kindergruppe U 10, die bei der Erwärmung „Diamantenschmuggel“ auf einem dreigeteilten Feld jede Menge Spaß hatte. Ein schönes Beispiel, den jeder Trainer in sein Programm mit aufnehmen könnte. Die Diamanten wurden durch Flaschendeckel symbolisiert, die auf einer Seite verstreut waren. Davor gab es die Fängerzone, durch die die größere Gruppe hindurch musste Richtung der Diamanten, ohne sich von den „Polizisten“ fangen zu lassen. Wird ein Kind gefangen, muss es die Diamanten wieder zurück in das Feld legen und beginnt von neuem.

Patrick Hess aus dem WLV-Lehrteam Kinderleichtathletik hatte spielerische Trainingsformen mit einem 5ten Schuljahr dabei, wie beispielsweise den Nummernsprint, der gut für Reaktion und das Schnell-Laufen ist. Hierbei handelt es sich um ein Wettlaufspiel, bei dem die Kinder auf ein Signal hin eine durch Farben, Zahlen und Rechnungen vorgegebene Strecke gegen- und miteinander laufen. Das Kind, das die Strecke korrekt und schnell gelaufen ist, als Erstes die Startlinie übertritt, hat gewonnen. Bei dieser Übung gibt es unendlich viele verschiedene Variationsmöglichkeiten.

Eric Schmid, und Thomas Weinöhrl, ebenfalls aus dem WLV-Lehrteam Kinderleichtathletik waren dazu mit der SABIS (Stabilisation, Ausdauer, Beweglichkeit, Inhibition, Schnelligkeit)-Laufschule vor Ort. Jutta Bryxi (Bildung und Sportentwicklung im WLV) und Brigitta Grimaldi (Kinderleichtathletik) haben demonstriert, wie das Laufen, Springen und Werfen auch als Medium zur Förderung der Teambildung benutzt werden können. Auch hier wurden wieder unterschiedliche Spielformen präsentiert. Abgerundet wurde dieser umfangreiche Lehrgang mit dem Workshop von Sabrina Gehrung und Rebecca Konold aus dem Lehrteam, in der das Hüpfen und Springen als Basisgröße für die Sprungfähigkeit im Zentrum stand.

Sport und Bewegung im Kindesalter sind einfach unabdingbar, das hat dieser Lehrgang eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Dem Impuls der Kinder solle man stets gerecht werden.

WLV