BW-Athlet:innen kämpfen mit um Europas Team-Krone
Die Mannschaft ist der Star. So lautet das Motto bei der Team-Europameisterschaft der Leichtathleten, die für die Division I am Freitag in Chorzów beginnt. Für diese Ausgabe der Team-EM, die in die Europaspiele im polnischen Krakau eingebettet ist (wir berichteten), wurden einige Neuerungen im Format vorgenommen. Die Division I besteht nunmehr aus 16 Nationen und bietet damit doppelt so große Teilnehmerfelder wie bei der letzten Team-EM, die vor zwei Jahren an selber Stätte ausgetragen wurde.
Insbesondere die heimstarken Titelverteidiger aus Polen werden schwer zu schlagen sein. In der DLV-Auswahl suchen neben einigen Leistungsträgern zahlreiche Debütanten ihre Chance gegen Europas Beste – vor allem nachdem zuletzt mit Dreispringer Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz) und Hochspringerin Imke Onnen (Hannover 96) zwei meisterschaftserfahrene DLV-Asse absagen mussten. Der großen Motivation der verbliebenen deutschen Starterinnen und Starter tut dies jedoch keinen Abbruch. „Das deutsche Team mit vielen neuen Gesichtern wird trotz einiger Absagen alles geben, um bei der Team-EM in Chorzow auf dem Podium zu stehen", sagte DLV-Sportdirektor Jörg Bügner.
Julian Weber ist die Nummer eins
Sicherer Punktelieferant sollte Speerwurf-Europameister Julian Weber sein, zumal Tschechien anstelle des WM-Dritten Jakub Vadlejch den EM-Zwölften Martin Konecny nach Chorzów schickt. Der Mainzer, der eine Saisonbestleistung von 88,37 Metern mitbringt, hat schon einmal bei einer Team-EM in Polen volle Punktzahl geholt, 2019 in Bydgoszcz. Im Auge behalten sollte er den Belgier Timothy Herman, der sich im Mai überraschend auf 87,35 Meter gesteigert hat, dieses Niveau aber anschließend nicht mehr bestätigen konnte.
Im Diskuswurf nimmt Henrik Janssen (SC Magdeburg) hinter dem schwedischen Olympiasieger Daniel Ståhl Rang zwei der Meldeliste ein. Allerdings wird auch Großbritanniens EM-Dritter Lawrence Okoye zu beachten sein. Die Chancen stehen gut, dass im Hammerwurf die polnischen Gastgeber jubeln dürfen. Denn Europameister Wojciech Nowicki führt die Final Entries mit einem 80-Meter-Wurf klar an. Dahinter liegt das Feld dicht beieinander, sodass auch für Merlin Hummel (UAC Kulmbach) eine vordere Platzierung drin sein könnte, wenn er eine Leistung im Bereich seiner Bestmarke (76,28 m) abrufen kann.
Mit dem WM- und EM-Teilnehmer über 3.000 Meter Hindernis Frederik Ruppert (SC Myhl LA) und dem Deutsche Hallenmeister über 1.500 Meter Amos Bartelsmeyer (Eintracht Frankfurt) gehen auf den Mittel- und Langstrecken für das deutsche Team zwei weitere Athleten an den Start, die bereits bei internationalen Einsätzen Erfahrungen gesammelt haben.
Medaillengewinner in Sprung-Disziplinen am Start
Nach seiner jüngsten Saisonbestleistung (20,39 sec) kann der EM-Fünfte Joshua Hartmann (ASV Köln) über 200 Meter um die vordersten Plätze mitsprinten. Zuletzt ist 400-Meter-Hürden-Läufer Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt) für Emil Agyekum (SCC Berlin) nachgerückt. Der Fünfte der EM von München hält mit 48,67 Sekunden die deutsche Jahresbestzeit und liegt damit auf Rang zwei der Meldeliste. Eine harte Nuss ist jedoch der Italiener Alessandro Sibilio, der eine Bestzeit unter 48 Sekunden mitbringt.
Auf Revanche sinnt Hochspringer Tobias Potye. Der Münchner trifft auf den Niederländer Douwe Amels und dem Belgier Thomas Carmoy, die bei der Hallen-EM als Erster und Dritter vor ihm gelandet waren. Für Italien hat sich Olympiasieger Gianmarco Tamberi kurz vor dem Start der Titelkämpfe fit gemeldet und ist in Topform der Favorit.
Ein erlesenes Feld wartet bei seinem ersten Einsatz im DLV-Dress auf Weitspringer Simon Batz. Der Mannheimer bekommt es mit Olympiasieger Miltiadis Tentoglou aus Griechenland, dem schwedischen Vize-Europameister Thobias Montler, Nachwuchs-Talent Mattia Furlani aus Italien und dem Schweizer Zehnkampf-Rekordler Simon Ehammer zu tun, der bei den Bislett Games in Oslo (Norwegen) kürzlich Tentoglou hinter sich ließ.
DLV-Läuferinnen aussichtsreich
Auf eine vordere Platzierung hofft sicherlich auch Lisa Mayer, Europameisterin mit der 4x100-Meter-Staffel von München. Die Athletin des Sprintteam Wetzlar kann über 100 Meter nach Lokalmatadorin Ewa Swoboda die zweitschnellste Saisonbestmarke vorweisen. Über die doppelte Distanz wartet auf Staffel-Kollegin Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen) starke Konkurrenz: Unter anderem gehen die Hallen-EM-Zweite über 400 Meter Lieke Klaver für die Niederlande und die Polin Anna Kielbasinska ins Rennen. Beide sind, anders als die Deutsche Meisterin von 2021, bereits unter 23 Sekunden geblieben.
Laura Müller (SV Go! Saar 05) misst sich auf der Stadionrunde unter anderem mit Hallen-Weltrekordlerin Femke Bol. Auf viel internationale Erfahrung kann das DLV-Team auf der Mittel- und Langstrecke vertrauen: 3.000-Meter-Hallen-Europameisterin Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) bestreitet die 1.500 Meter, die EM-Zweite über die Hindernisse Lea Meyer (TSV Bayer 04 Leverkusen) die 5.000 Meter.
Die 3.000-Meter-Hindernisstrecke legt derweil eine andere Athletin mit Nachnamen Meyer zurück: Pauline Meyer, die bei ihrem ersten Nationalmannschaftsstart in der Meldeliste auf Position drei rangiert. Alicja Konieczek aus Polen, EM-Vierte von München, war mit 9:25:51 Minuten bislang am flottesten von allen Teilnehmerinnen unterwegs. Über 400 Meter Hürden ist die Deutsche Meisterin Carolina Krafzik (VfL Sindelfingen) eine von fünf Athletinnen im Feld, die in der laufenden Freiluftsaison bereits die 55-Sekunden-Marke unterboten haben.
Erste Bewährungsprobe für Yemisi Ogunleye
Konstante Leistungen hat in diesem Sommer Weitspringerin Maryse Luzolo (Königsteiner LV) gezeigt, die vor zwei Jahren für die deutsche Mannschaft die volle Punktzahl abräumte. In einem engen Feld um die Hallen-EM-Zweite Larissa Iapichino aus Italien kann das viel wert sein. Für Dreispringerin Kira Wittmann (LG Göttingen) gibt es ein Wiedersehen mit Hallen-Europameisterin Tugba Danizmas aus der Türkei.
Mit 19,31 Metern ist Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim) in diesem Jahr in die Weltspitze vorgestoßen. Einen ähnlich weiten Stoß wird sie für ein Top-Drei-Ergebnis sicherlich benötigen, denn mit Hallen-Welt- und Europameisterin Auriol Dongmo aus Portugal, der niederländischen Europameisterin Jessica Schilder und Schwedens 19,54-Meter-Stoßerin Axelina Johansson versammelt sich in Chorzów die geballte Weltelite der Kugelstoßerinnen.
Diskuswerferin Shanice Craft (SV Halle) musste die Team-EM im Vorfeld krankheitsbedingt absagen. Doch mit der Vize-Europameisterin Kristin Pudenz vom SC Potsdam steht erstklassiger Ersatz bereit. Sie muss sich unter anderem gegen Italiens 64-Meter-Werferin Daisy Osakue, die WM-Sechste aus Portugal Liliana Cà und die mittlerweile fast 44 Jahre alte vielfache internationale Medaillengewinnerin Mélina Robert-Michon aus Frankreich beweisen.
Christin Hussong hofft auf Steigerung
Für Speerwerferin Christin Hussong, die sich nach einer langen Verletzungspause auf dem Weg zurück befindet, käme eine Steigerung ihrer Saisonbestmarke (59,14 m) zur rechten Zeit. Denn mit Europameisterin Elina Tzengko aus Griechenland, der EM-Zweiten von 2018 Nikola Ogrodnikova aus Tschechien und Norwegens 66-Meter-Werferin Sigrid Borge zielen gleich drei Werferinnen auf die Top-Punktzahl. Die kann auch die Polin Marcelina Witek angreifen, die in diesem Jahr mit 57,17 Metern ihr Leistungsvermögen ebenso wie die Zweibrückerin noch nicht ausgeschöpft hat.
Punktegaranten waren in den vergangenen Jahren stets die deutschen Staffeln. Diesmal wollen die 4x100-Meter-Quartette das Staffelholz in neuer Besetzung um die Stadionrunde tragen. Erstmals im Programm ist die 4x400-Meter-Mixed-Staffel, die das klassische 4x400-Meter-Rennen ersetzt. Nach den Absagen von Patrick Schneider (TV Wattenscheid 01) und Judith Franzen (TSV Bayer 04 Leverkusen) ist die deutsche Auswahl ersatzgeschwächt. Doch wie immer gilt auch in Chorzów: Staffelrennen haben ihre eigenen Gesetze.
Die teilnehmenden Nationen in Division I:
Polen (Titelverteidiger & Gastgeber), Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechien, Türkei
Die bisherigen Sieger der Team-EM:
Jahr | Nation |
---|---|
2009: | Deutschland |
2010: | Russland |
2011: | Deutschland |
2013: | Deutschland* |
2014: | Deutschland |
2015: | Deutschland* |
2017: | Deutschland |
2019: | Polen |
2021: | Polen |
*nachträglich aufgrund von Disqualifikationen in der russischen Mannschaft